Geschichte des Vereins
Der Verein Berliner Parlamentsberichterstatter besteht als Interessen- und Arbeitsgemeinschaft der aus Abgeordnetenhaus und Senat berichtenden Korrespondenten bereits seit 60 Jahren. Die Gründungsversammlung fand am 9. Oktober 1964 statt. Im Vereinsregister, das beim Amtsgericht Charlottenburg geführt wird, ist der Verein unter dem Zeichen 95 VR 349 2 NZ registriert. In der Akte werden die wesentlichen Dokumente über den Ursprung und die Geschichte der gerade in ihren Anfängen recht kleinen Gemeinschaft aufbewahrt, insbesondere das Protokoll der Gründungsversammlung.
Raum mit Telefonanschluss und Musiktruhe
Im Pressezimmer des Rathauses Schöneberg kamen an jenem 9. Oktober 1964 zehn Journalisten zusammen, um ihrer Tätigkeit am Sitz von Abgeordnetenhaus und Senat einen organisatorischen Rahmen zu geben. Für ihre Vereinstätigkeit wurde ihnen neben dem Pressezimmer ein zusätzlicher möblierter Raum mit Telefonanschluss und Musiktruhe überlassen, später kam ein Kühlschrank hinzu.
Nur Männer bei Vereinsgründung
Zur Vereinsgründung hatten die Initiatoren nicht jeden Journalisten eingeladen, der im Rathaus ein- und ausging. Vor allem jüngere Kollegen mussten sich die Zugehörigkeit zum kleinen Kreis von zunächst 14 Vereinsmitgliedern erst verdienen. Zu diesem Kreis gehörten zu Beginn Journalisten von BZ, BILD-Zeitung, WELT, Tagesspiegel, Berliner Morgenpost, Telegraf, Kurier, dpa, AP, Deutschlandfunk und ZDF – ausnahmslos Männer.
In der Gründungsversammlung gab sich der Verein eine Satzung, die laut Protokoll einstimmig angenommen wurde. Diese erste Satzung bestimmte bereits, dass der Vereinsvorstand - wie auch jetzt - aus einem/r Vorsitzenden sowie zwei gleichberechtigten Stellvertreter(inne)n besteht, von denen eine(r) das Protokoll, der/die andere die Kasse führen sollte. Die Amtsperiode war auf ein Jahr begrenzt, was sich aber bald als unpraktisch erwies. Deshalb wurde schon 1965 ein zweijähriger Turnus eingeführt, der bis heute Bestand hat.
In getrennten und geheimen Wahlgängen wählte die Versammlung dann den Gründungsvorstand. Erster Vorsitzender wurde Wolfgang Marquardt (dpa).
Aus einigen Redaktionen Kritik am Zusammenschluss
Schon bald nach der Vereinsgründung kam aus einigen Zeitungsredaktionen Kritik an dem Zusammenschluss und an den regelmäßig stattfindenden Hintergrundgesprächen mit führenden Landespolitikern. So befürchtete etwa der damalige Verleger des Tagesspiegels, es könne zu einer mit der notwendigen kritischen Distanz der Korrespondenten unvereinbaren "Kumpanei" zwischen Pressvertretern und Politikern kommen.
Bereits 1965, ein Jahr nach Vereinsgründung, erklärte Wolfgang Marquardt den Verzicht auf eine erneute Kandidatur. Am 20. Oktober 1965 wurde auf einer von elf Mitgliedern besuchten Versammlung Götz von Coburg (WELT) Vorsitzender. Auf ihn folgte im Dezember 1968 Diethard Goos (Berliner Morgenpost).
Unzufriedenheit führt zu einer Kampfabstimmung
Sehr spannend verlief die Mitgliederversammlung vom 29. November 1974, als der Vorsitz vakant geworden war, weil Goos nach Bonn wechselte. Es kam zu einer Kampfabstimmung, bei der sich Jürgen Oster (BILD-Zeitung) knapp gegen Lutz Krieger (Der Abend) durchsetzte. Oster konnte den Verein aber aus beruflichen Gründen nicht lange führen, im Januar 1976 wurde Lutz Krieger (inzwischen Deutschlandfunk) ohne Gegenkandidaten zum Vorsitzenden gewählt.
Zwei Jahre später verlor er das Amt allerdings, weil er bei der nächsten turnusmäßigen Mitgliederversammlung in einer erneuten Kampfabstimmung Klaus-Dieter Drechsler (dpa) mit vier zu sieben Stimmen unterlag. Grund für die Unzufriedenheit unter den Mitgliedern war offenbar ein Empfang, den der Vereinsvorstand auf Initiative Kriegers an Bord des Ausflugsschiffs „Moby Dick“ ausgerichtet hatte. Zu diesem Empfang erschien fast die gesamte politische Prominenz der Stadt, darunter der Regierende Bürgermeister Klaus Schütz und sein Senat sowie mehrere Chefredakteure. Einige Vereinsmitglieder kritisierten indes Aufwand und Kosten der Veranstaltung, hielten sie ohnehin für überflüssig. Um künftig finanzielle Eskapaden der Vereinsführung zu verhindern, wurde einstimmig beschlossen, den jährlichen Mitgliedsbeitrag von 100 auf 50 D-Mark zu reduzieren. Seit etlichen Jahren beträgt der Beitrag 20 Euro.
Zu den Vorsitzenden des Vereins in den folgenden Jahrzehnten zählten unter anderem Michael Ludwig Müller (Berliner Morgenpost), Holger Lunau (ddp), Christine Richter (Berliner Zeitung), Wolf Siebert (RBB), Olaf Wedekind (BZ) und Agnes Fischer (TV Berlin/später WELT-TV). Die Tagesspiegel-Redakteurin Brigitte Grunert übte das Amt der Schatzmeisterin und stellvertretenden Vorsitzenden 25 Jahre lang, von Januar 1978 bis Februar 2003, aus. Seitdem ist Anett Seidler (damals Welt am Sonntag, heute Funke Zentralredaktion) Schatzmeisterin. Sie gehört dem Vorstand bereits seit dem Jahr 2000 an.
Vereinsmitglieder beschließen im März 2024 Neustart
Im Zuge der Corona-Pandemie kam die Vereinstätigkeit vorübergehend zum Erliegen. Bei der Mitgliederversammlung am 4. März 2024 wurde ein Neustart beschlossen und in geheimer Abstimmung ein neuer Vorstand gewählt. Vereinsvorsitzende ist seitdem Gudrun Mallwitz (KOMMUNAL), Stellvertreter sind Anett Seidler und Andreas Abel (Freier Autor für Berliner Morgenpost).
Im Laufe der Jahre vergrößerte und verjüngte sich der Verein durch Aufnahme neuer Mitglieder. 2010 zählte er 53 Mitglieder, 2018 waren es 55. Mit Stand 15. April 2024 gehören dem Verein 33 Journalistinnen und Journalisten an. Es liegen aber mehrere Bewerbungen für eine Mitgliedschaft vor.
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